04.05.2009 - Internationale Teams als Bereicherung
Eine spanische Teilnehmerin im Teamworkshop eines transnationalen Teams, das zum ersten Mal an einem Ort zusammengekommen war, sprach davon, dass sie dieses Team als Bereicherung erleben möchte in ihrem Arbeitsleben.
Angesprochen war damit ein Faktor, der Teams aus Mitgliedern verschiedener Kulturkreise wegen ihrer Vielfalt (Diversity) zu einem besonderem Gewinn werden lassen kann – auch für das Unternehmen. Dazu nötig ist die Kompetenz zum Umgang mit Diversity.
Distefano und Maznevski¹) beschreiben in diesem Zusammenhang drei unterschiedliche Kompetenzgrade von Teams im Umgang mit interkultureller Vielfalt:
- "Destroyer-Teams" gelingt es nicht, ihre interkulturelle Unterschiedlichkeit produktiv zu nutzen. Die Mitglieder bemühen sich zwar anfangs, fallen dann aber in ihre kulturspezifisch geprägten Muster und Vorbehalte zurück. Das in ihrer Vielfalt liegende Potenzial an Leistungsfähigkeit wird zerstört. Man betrachtet sich mit Zynismus, schottet sich ab und pflegt die "die-dort-Haltung".
- "Equalizer Teams" finden sich am häufigsten. Bei ihnen handelt es sich um Teams, die stolz darauf sind, mit ihren Unterschieden so umzugehen, dass sie ihre Leistung nicht beeinträchtigen. Diese aufschlussreiche Defensivhaltung deckt sich mit einem Verhalten, das Ähnlichkeiten betont und Unterschiede ausblendet.
- "Creator Teams" schaffen es, mit ihrer Unterschiedlichkeit produktiv umzugehen und damit einen Vorteil und Wachstum für die Gruppe zu verbinden. Die Leistungen solcher Gruppen erreichen hohes Niveau, es handelt sich um Hochleistungsteams. Die Gruppe nutzt die Unterschiedlichkeit der Mitglieder und einigt sich auf einen neuen Bezugsrahmen für Problemlösungen, der einen echten Mehrwert schafft. Dazu gilt es zunächst, die Unterschiede zu erkennen und zu verstehen, um dann mit ihnen zu arbeiten und sie als Vorteil zu nutzen.
Ich bin in den letzten Jahren vielfach mit der Teamentwicklung transnationaler Teams befasst. Dabei stellt sich immer wieder heraus, dass die Entwicklung dieser Teams zu wenig im Sinne der in ihnen enthaltenen Potentiale angegangen und das Führen auf Distanz vernachlässigt wird.
Meist entsteht der Auftrag zur Teamentwicklung als Reparaturauftrag, weil die Zusammenarbeit im internationalen Kontext nicht klappt, sich im schlimmsten Fall schon Erscheinungsformen der Destroyerteams zeigen. Dabei wird von den Verantwortlichen oft auch gar nicht erkannt, welchen Mehrwert solche Teams potentiell zu bieten vermögen. Das gilt selbst für Managementteams.
Die Internationalität vieler Unternehmen ist noch gar nicht systematisch genutzt, wenn – wie ich es innerhalb der letzten 12 Monate mehrfach erlebt habe – selbst wichtige internationale virtuelle Teams erst nach Jahren ihres Bestehens face-to-face zusammenkommen, um über ihre gemeinsame Arbeit zu sprechen und sich abzugleichen.
Unabhängig von vielen gemeinsamen Erkenntnissen sind auch Erfahrungen wichtig wie die eines deutschen Ingenieurs in leitender Funktion, der sagte "...und wir haben immer gedacht, dass wir viel weiter seien als die spanischen und italienischen Kollegen – dabei machen die uns auf etlichen Gebieten ganz schön etwas vor. Wir können alle nur voneinander lernen...".
Will man die Internationalität von Teams zu einem echten Mehrwert werden lassen, so muss man in die Teamentwicklung dieser Teams investieren. Teamentwicklung mit gruppendynamischem Schwerpunkt ist da falsch, es geht um einen Ansatz der darüber hinausreicht und die spezifische Thematik transnationaler Teams angemessen zu bearbeiten in der Lage ist.