02.11.2009 - Anmerkungen zur Einführung einer Matrixorganisation
Regelmäßig führt die Einführung der Matrixorganisation zu erheblichem Lernbedarf auf allen(!) Ebenen der Organisation. Denn es läuft anfangs absolut nicht rund.
Ohne intensive Vorbereitung und begleitende Unterstützung entstehen bei Einführung der Matrixorganisation anfänglich oft große Schwierigkeiten.
Geht man gar so vor, wie der ehemalige GE Manager Richard Anderson die Einführung der Matrixorganisation in seiner Sparte der GE - Organisation Mitte der 1970-er Jahre erlebte, nämlich "...overnight -- blitzkrieg style -- ... In a lightning strike, our secure, top-down, oneboss organization chart was pulverized, replaced by a `two-boss´structure..."1), potenzieren sich die Wirkungen ohnehin stets vorhandener Hürden.
Intentionale Einführung der Matrixorganisation
Die intentionale Einführung einer Matrixorganisation erfordert umfassendes Change Management. Führung und Zusammenarbeit müssen neu entworfen werden, die Unternehmenskultur an neue Herausforderungen angepasst werden, die mit jeder Matrixorganisation verbunden sind. Die Merkmale der Matrixorganisation und deren möglichen Probleme sollten von Management und Mitarbeitern verstanden werden.
Das Vorgehen bei Einführung der Matrixorganisation erfordert u.a., Prozesse und Schnittstellen neu zu definieren, Rollen und Aufgaben neu zu verständigen - sie wollen auch gelernt und ausgestaltet sein. Kooperationsmodelle sind neu zu verhandeln und zu erproben, Information und Kommunikation muss neuen Anforderungen entsprechen. Feedback und das Bewusstsein aller, dass es sich um einen gemeinsamen Lern- und Aushandelungsprozess handelt, sind wichtige Erfolgsvoraussetzungen.
Die Haltung des Managements ist entscheidend. Hier gilt es zugleich Treiber, selbst Lernender und verständnisvoller Unterstützer zu sein. Und so manche Entscheidung zur neuen Organisationslogik ist zu treffen, die einen vor Überraschungen stellt, die so nicht erwartet waren.
Emergente Entstehung der Matrixorganisation
Entsteht die Matrixorganisation - was gar nicht so selten ist - emergent nach und nach als Folge von Eingriffen in den Strukturkontext einer Organisation, so sind regelmäßig ebenfalls Aufwendungen nötig, um die neue Konstitution der Organisation "zum Fliegen" zu bringen.
Abstimmungen mit Beteiligten im Organisationsgefüge sind erforderlich, um der neuen Realität Rechnung zu tragen, zahllose Management- und Teamworkshops dienen genau diesem Zweck. Der emergente Prozess führt oft zu späterer Zeit in der Organisationshistorie zu einer notwendigen Konsolidierung der Matrixarchitektur, die nun spätestens dann einen Change Prozess impliziert.
Die neuen Prozesse, Strukturen und Führungsbeziehungen sowie neu entstehende Stakeholderbeziehungen müssen im Prozess der Einführung einer Matrixorganisation proaktiv aufgegriffen und bearbeitet werden. Dies geht nur im aktiven Dialog mit den Partnern, deren Anliegen zu erfassen und soweit möglich umzusetzen sind.
Das Ganze ist ein tief greifender Lernprozess für alle Beteiligten, bei dem jede (Teil-) Organisation ihre eigenen Erfahrungen macht - und auch in jeweils eigene Schwierigkeiten gerät. Um dies alles verarbeiten zu können, ist eine Changearchitektur organisationsweit aber auch jeweils für größere Teilorganisationen sinnvoll, die den Reflektionsprozess mit dem Ziel gemeinsamen Lernens und der sukzessiven Weiterentwicklung der Organisation unterstützt.
Nicht zuletzt braucht es in der Matrixorganisation einen anderen Typ Mitarbeiter und Führungskräfte. Dies ist einer der Stolpersteine beim Wechsel von der funktionalen in die Matrixorganisation. Meist wird übersehen, dass bisher gefeierte Solotänzer sich im Matrixumfeld schwer tun.
Das bislang gepflegte Verhalten und die Erfolgsmuster der Vergangenheit legt man jedoch nicht so schnell ab. Mit intensiver Vorbereitung und Begleitung kann die Verhaltensänderung gelingen - am ehesten, wenn den Akteuren selbst bewusst ist, dass dies nötig ist. So waren es in einem großen Unternehmen die erfahrenen Vertriebsdirektoren, die nach einem Jahr in der Matrixorganisation für sich Qualifizierung zum Führen in der Matrixorganisation einforderten und die notwendigen Konsequenzen im Verhalten zogen.
1) Anderson, Richard E., Matrix Redux - Matrix Management, Business Horizons, Nov-Dec 1994