Change Management Metallindustrie (7000 Mitarbeiter)
Kulturwandel mit Systematik und Pragmatismus vorantreiben
Ausgangssituation und Auftrag
Das in seiner Branche sehr erfolgreiche und organisch stark wachsende (während des Changeprojektes von 4600 auf über 7000 Mitarbeiter) Grossunternehmen in Familienbesitz sollte nach einem Wechsel in der Geschäftsführung neu aufgestellt werden.
Die neue Geschäftsführung wollte das Unternehmen von innen heraus stärken. Man sei zu sehr an das Verteilen der Produkte im Markt gewöhnt und zu wenig initiativ und wettbewerbsorientiert.
Führung erfolge fast nur reaktiv, man blicke kaum über den Tellerrand und zeitgemäße Führungsansätze seien unbekannt. Das Management sei überwiegend fachlich geprägt und mit der Region verwachsen, was die zunehmende Internationalisierung des Unternehmens behindere.
Im Wettbewerb um gutes Technikpersonal und Ingenieure sei man in schlecht positioniert, man erhalte kaum Blindbewerbungen und das Unternehmen sei trotz hoch attraktiver Technologie zu wenig bekannt.
Der Auftrag war, das Unternehmen bei der Neuausrichtung (Kultur, Führung, Leistungsverständnis, teamorientierte Arbeitsweise) in Abstimmung mit der Unternehmensleitung zu begleiten.
Ein dezidiertes Change Management Projekt war nicht gewünscht. Man sei mit ausgezeichneten Renditen versehen und seit langem erfolgreich, wolle die Führungskräfte und das Management nicht erschrecken, sondern vertraue auf einen allmählich wirkenden Wandel, für den es aber die richtigen und kontinuierliche Impulse brauche.
Das sei ein Change Management Vorhaben, im Kopf müsse vieles anders werden, aber: Ein Change Management Konzept mit Steuerkreis, Projektgruppen und Prozessplanung empfände man als übergestülpte Beratermethodik, die sich an Projekte aus anderen Unternehmen anlehne, ohne die Besonderheiten dieses Unternehmens zu berücksichtigen.
Man wolle einen Gesamtfahrplan in groben Zügen und aus der Entwicklung des Geschehens heraus jeweils neu über nächste Schwerpunkte und Projekte entscheiden und dazu die Erfahrung der Berater nutzen.
Vorgehen
So offen und zugleich ambivalent der Auftrag formuliert war, so waren doch die Erwartungen an eine spürbare Veränderung hoch. Zugleich gab es aber auch eine spürbare Bereitschaft der Geschäftsführung, sich selbst zu engagieren, was während des gesamten Prozesses auch tatsächlich gegeben war.
Da zunächst Fragen der Gestaltung von Prozessen oder eine Reorganisation nicht anstanden, schlugen wir auf Basis einer zuvor erfolgten Analyse folgende Kernelemente für den Gesamtprozess vor:
- Unternehmensleitbild erarbeiten und umsetzen
- Konzeption Führungskräfteentwicklung
- Gruppenarbeit in der Produktion einführen
- Projektmanagement-Standard erarbeiten
- Personal-Marketing Konzept und aktive Personalarbeit
- Betriebsnahes Weiterbildungsprogramm
- KVP einführen
- Bereichsentwicklungsprojekte
- Jährliche Strategie-Workshops 1. + 2. Ebene
Die Punkte wurden so in einen Masterplan übernommen, die Bearbeitung mit der Geschäftsführung in regelmäßigen Meetings abgestimmt und durch die Personalleitung in der Umsetzung gesteuert. State-of-the-art Orientierung im Anspruch an Konzepte und Lösungen verbunden mit Pragmatismus in der Umsetzung und expliziter Verzicht auf "Psycho-Lyrik" kennzeichneten das gemeinsam getragene Erfolgsmodell.
Ergebnisse
Im Unternehmen überwog zunächst Skepsis. Vor allem nach der Vorstellung des Leitbildes, das sehr zukunftsweisende Aussagen enthielt, die von der im Unternehmen erlebten Realität deutlich abwichen, wollten viele nicht glauben, dass das Management dies alles wirklich will.
In Führungskräfteworkshops entstand dann allmählich ein Geist, der getragen war vom "Wir haben´s doch selbst in der Hand". Zusätzliche ermutigende Impulse kamen durch die wohlwollende Haltung der Inhaber Familie.
Die Geschäftsführung entschied dann kurzfristig, das Personalmarketing Konzept in der Realisierung vorzuziehen, was ein starker Hebel in der internen Diskussion wurde: Schlüsselaussagen des Leitbildes fanden sich in großformatigen Anzeigen mit Fotos der eigenen Mitarbeiter / Kollegen wieder. Das P-Marketing wurde so im Prozess gezielt eingesetzt, um nach innen den Kulturwandel zu befeuern.
Der Prozess bekam immer mehr Dynamik. Eine Säule des Programms nach der anderen wurde umgesetzt. Neue Themen entwickelten sich aus den Diskussionen im Management — und wurden umgesetzt. Die Aufmerksamkeit innerhalb wie außerhalb des Unternehmens und die damit einhergehenden Diskussionen gaben der Realisierung von Konzepten Schub, das Umdenken im Unternehmen erfolgte eher unmerklich und genährt durch zunehmende Vernetzung und Begegnungen im Kollegenkreis.
Kritische Effekte sollen jedoch nicht verschwiegen werden: Im Top-Management gab es eine ausgeprägte Tendenz, in der 2. Ebene regelmäßig Managementpersonal auszutauschen, teils als Folge impulsiver Entscheidungen. Die Führungsebenen darunter waren davon nicht betroffen, was sich stabilisierend auswirkte — manchmal hatten wir den Eindruck, dass der Changeprozess aus der Mitte nach unten getragen wurde.
Trotz des guten Kontakts zur Geschäftsführung und der Thematisierung im Beratungsprozess blieb es bei diesem "raueren Wind".
Der Change-Prozess benötigte 5 Jahre, wobei die ersten 3 Jahre die intensivsten waren.
Das Unternehmen wuchs danach kräftig weiter und wurde über die Branche hinaus immer bekannter, Vertreter großer Konzerne interessierten sich für die realisierten Ansätze.