16.06.2018 - Weiterentwicklung HR und Personalentwicklung
neue Ansätze erforderlich
System HR und Personalentwicklung noch passend?
Ich bin überzeugt, dass HR/HRD einen nachhaltigen Beitrag für das Business liefern und eine strategisch bedeutsame Rolle einnehmen müssen. Doch das ist nicht immer der Fall und sicher nicht immer einfach. Daher will ich mit diesem Artikel provozieren (auch meine sehr geschätzten Kolleginnen/Kollegen in HR/HRD). Denn die Diskussion in der Management- und Fach-Community wirft kritische Fragen zur Zukunft von HR auf.
Oft ist es doch so: Da werden überall die besten Kandidaten=Talente im Markt gesucht, oft nicht gefunden, werden fantastische Perspektiven ausgerufen. Bei den Anforderungen wird es dann höchstens Standard, manchmal weniger.
Natürlich soll eines der Standardfächer studiert worden sein, bitte auch im Studium ein Praktikum in einer zur Position passenden Abteilung absolviert und gern auch bereits in einem anderen Unternehmen erste Erfahrung gesammelt worden sein. Wird man so herausragende Talente gewinnen? Ob die sich überhaupt durch den geraden Weg auszeichnen? Und sich in diese Mühle begeben wollen? Finden Sie wirklich die benötigten Leute — oder ist gerade HR die Hürde?
Die Frage stellt sich gelegentlich. Ich habe durchaus Respekt für die Haltung einer Personalchefin aus dem Mittelstand, die sagt, man mache in der Personalarbeit Standard, den aber richtig gut, und mehr sei im Unternehmen ohnehin nicht möglich. Sicher hat HR es nicht allein in der Hand, wie attraktiv das eigene Unternehmen Top Talenten (...und was macht die aus bei Ihnen?) erscheint. Aber eine Schlüsselrolle dabei, die Organisation für die Zukunft fit zu machen - in personeller, kompetenzorientierter, kultureller und sozialer Hinsicht.
Immer deutlicher wird auch, dass ein anderer Typus Führungskräfte gebraucht wird, Innovation treibend, grenzüberschreitendes Denken und Handeln praktizierend, Virtualität und Komplexität der Führungsaufgabe in unkonventioneller Manier meisternd. Der Freude daran hat, die Beiträge und Anregungen kompetenter Mitarbeiter ("der Talente") aufzugreifen, zu unterstützen und den Prozess ihrer Verwertung zu orchestrieren - der seine Rolle und Macht relativieren kann und vielmehr als Chance zu Unterstützung und Einflussnahme versteht. Der neugrierig ist und eher mit offenen Agenden agiert als Themen abarbeitet. Weithin ein anderer Typus eben.
Passt dann, wie es in der Führungskräfteentwicklung später oft weitergeht: Auswahl für die Führungslaufbahn durch Assessment Center (für manchen durchaus fragwürdiges Instrument, das oft angepasste Kandidaten produziert oder solche mit Witz, die die definierten Kriterien geschickt unterlaufen), dann Führungsseminare 1-2-3... Seit Jahrzehnten im selben Modus, gelegentlich im Inhalt (aber eben nicht im Rahmen!) etwas angepasst - nie falsch aber eben oft nicht der entscheidende Hebel betrieblicher Führungskräfteentwicklung.
Die Frage ist, reicht das und passt das überhaupt zur Entwicklung des Unternehmens und den damit veränderten Anforderungen?
Viele Konzepte von Managemententwicklung und Talent Management sind nicht wirklich auf der Höhe der Zeit und nicht auf die Besonderheit des Unternehmens zugeschnitten. Sie versagen in Arbeitsumgebungen, in denen sich Mitarbeiter zusehends selbst steuern oder sich in virtuellen grenzüberschreitenden Kooperationsstrukturen finden.
HR und Personalentwicklung: Veränderte Anforderungen umarmen, innovative Impulse setzen!
Da ändert das Unternehmen die Aufstellung im Markt, ändert die Organisation, ohne Konsequenzen für Auswahl und Entwicklung von Talenten und Managern.
Das beobachte ich gerade bei einem großen Unternehmen, das von der funktionalen in die Matrixorganisation wechselt. Daraus entstehen für Führungskräfte an Schaltstellen stets(!) völlig neue Anforderungen, die Anpassungen im Auswahl- und Entwicklungsprozess erfordern. Nach 18 Monaten macht HR unverändert weiter wie bislang, hat die Fragestellungen noch gar nicht auf dem Radar, so die Klage von Führungskräften.1)
Es scheint nach meiner Beobachtung so, dass manchmal gerade in HR-Bereichen am wenigsten Veränderung feststellbar ist. Mit den falschen bzw. überkommenen Ansätzen als HR-Bereich zu agieren, lähmt die Entwicklung von Unternehmen. Und ramponiert das Image von HR und Personalentwicklung.
Bei der Betrachtung im Hinterkopf habe ich bzgl. HR die strategischen Konzepte von Ulrich und Fitz-enz und ein einfaches Reifegrad-Modell der Personalentwicklung2):
Aus dem aktuellen Stand liessen sich Ziele zur Weiterentwicklung ableiten. Wir haben immer wieder die Neuausrichtung und Weiterenwicklung von Personalentwicklung und HR zum Wertschöpfungspartner in Change Management Projekten unterstützt. Dies führte jeweils zu einer neuen Positionierung sowie neuen Organisations- und Kompetenzprofilen. Und für die Personalentwicklung u.a. zu einer strategischen Fokussierung der Unterstützungsangebote als interner Dienstleister. Es ist kein leichter Weg, angesichts der Unkalkulierbarkeit der Zukunft (VUCA) lassen sich auch keine einfachen Antworten finden.
Insgesamt zu selten jedoch unterziehen HR und Personalentwicklung ihre eigene Arbeit einem harten Relevanz-Audit und agieren dynamisch und strategisch mit dem Blick auf
- übermorgen und auf das, was zukünftig wichtig wird
- eine klare Priorisierung des eigenen Handelns
- wirkliche Talente, die auch heute schon auszeichnet: Dass deren Weg oft abseits der gängigen Standards verläuft, sie diese manchmal eher meiden
Wie also bei der Talentsuche solche Menschen identifizieren, ansprechen, gewinnen und halten, sie richtig entwickeln? Wie verborgene Talente im Unternehmen identifizieren? Welche Priorisierung vornehmen? Fragen, die nicht vom HR-Management allein beantwortet werden sollten. Und die gelegentlich einen Ansatz des Change Management bei HR nahelegen.
Dabei liegt es durchaus nicht immer am HR-Management allein, wenn die HR-Funktion nicht brilliert, wie ein Artikel von Brand eins zeigt: "Zukunft des Personalmanagements - Die Ohnmächtigen". Doch es gibt andererseits hervorragendes Material, gerade von Ulrich (der hierzulande auch schon mal als zu abgehoben oder theoretisch betrachtet wird), mit dem man die Positionierung und Ausgestaltung von HR vorantreiben kann. Zum Beispiel den anregenden Artikel von Dave Ulrich: "Are we there yet? What´s next for HR?" als Grundlage für einen Strategieworkshop des HR-Bereichs.
Es gibt hervorragend aufgestellte Personalbereiche und eben auch das glatte Gegenteil. Tatsächlich wird HR gelegentlich als Bremser wahrgenommen, wenn es um die Umsetzung von Zukunftsvorhaben oder Organisationsveränderungen geht wie z.B. bei Einführung einer Matrixorganisation. Die braucht Gestalter in allen Schlüsselpositionen, so auch in HR und Personalentwicklung, und das entsprechende HR-System.
In einem großen Kunden-Unternehmen war der HR-Manager der erste, der über eine globale HR-Konferenz die Anforderungen der Matrixorganisation zum Thema machte. Und der seither regelmäßig u.a. über globale und regionale Konferenzen die Koordination und Abstimmung des HR-Geschäfts über alle Länder vorantreibt. Er sorgt mit Erfolg dafür, dass die lokalen HR-Manager ihre Rolle als Matrixpartner des Business verstehen und sich im Managementumfeld kompatibel zu den neuen Anforderungen positionieren.
Doch dies ist nur ein Aspekt. Ich habe als Berater und Prozessbegleiter immer wieder an der Neuausrichtung von HR- und Personalentwicklungs-Bereichen mitgewirkt und heute scheint mir der Veränderungsbedarf dringlicher denn je. Die Aufstellung HR/PE ist m.E. vielfach nicht zukunftsfähig. Es braucht mehr Offenheit für Innovation, mehr Schnelligkeit und unkonventionelles Agieren - und doch eine greifbare strategische Linie synchron zum Business.
Es wird zukünftig andere Formen der Organisation und Gestaltung des HR-Managements brauchen - doch dazu demnächst mehr.
Wir unterstützen Sie gern mit Instrumenten bei einem Audit von HR oder Personalentwicklung. Ggf. können daraus dann Ziele für eine Neuausrichtung bzw. Weiterentwicklung abgeleitet werden.