16.05.2008 - Unternehmenskultur, Managementversagen und Führungskräfteentwicklung
Versagt die Führungskräfteentwicklung?
Ich bin ja nun auf einigen Feldern aktiv, die eng mit dem Thema Unternehmenskultur verbunden sind. So rufe ich ein paar Schlüsselbotschaften immer wieder auf wie
- Change Management – gute Führung ist entscheidend
- Kundenorientierung – die Kultur des Unternehmens ist die Wurzel
- KVP – die Geisteshaltung im Unternehmen nicht die Instrumente bestimmen den Erfolg
In Zeiten andauernder und dynamischer Veränderung, die den Menschen viel an Umdenken, Flexibilität und Kraftanstrengung im Wettbewerb abverlangen, wo täglich aufs Neue Dinge infrage gestellt werden und Sicherheit und Stabilität vielfach verloren gehen, kommt es ganz entscheidend auf die Kultur einer Organisation an. Sie kann Geborgenheit, Identität und Sinnstiftung bei all diesen Umbrüchen bewirken.
Kaum bezweifelt wird wohl auch, dass die Unternehmenskultur ein Schlüsselfaktor für den dauerhaften Erfolg eines Unternehmens ist.
Unternehmenskultur wird maßgeblich durch die Manager an der Spitze einer Organisation beeinflusst. Angesichts der gehäuft auftretenden Berichte in den Medien*), wie in einigen großen Unternehmen Kernelemente einer gesunden Unternehmenskultur verletzt wurden (siehe auch "Ethik in der Wirtschaft und Unternehmenskultur — haben wir ein Problem?"), muss man sich fragen, wie es dort um die Unternehmenskultur angesichts solcher Verstöße aussehen mag.
Wird in Unternehmen die Führungspersönlichkeit bei der Besetzung von Spitzenposition hinreichend berücksichtigt? Werden da Fehlhaltungen nicht erkannt oder bilden sie sich erst später und situativ aus? Da es sich um Großunternehmen handelt, die allesamt seit langem Programme der Führungskräfteentwicklung verfolgen, fragt man sich allerdings auch, ob die Führungskräfteentwicklung versagt.
Wird der Ausbildung der Führungspersönlichkeit nicht genug Beachtung geschenkt? Wird dieser Aspekt mit den falschen Ansätzen verfolgt? Ist Führungskräfteentwicklung insgesamt wirkungslos – und damit fragwürdig? Ich denke, dass alle 3 Aspekte zutreffen.
Ich glaube, dass ein Teil des Problems darin liegt, dass Führungskräfteentwicklung selten als dauerhafter Prozess und mit den falschen Maßgaben erfolgt. Es werden zu sehr der psychologische und der technisch/methodische Aspekt betont und zu wenig der ethisch moralische und der manageriale im Sinne des praktischen Managementhandelns. Damit sind aber Kernelemente der Persönlichkeitsbildung von Führungskräften ausgeblendet, die zu einer Stärkung der managerialen Verantwortungsethik beitragen könnten.
Es ist ein Irrtum zu glauben, psychologische und selbsterfahrungsbezogene Elemente einer Führungskräfteentwicklung würden für die Persönlichkeitsbildung von Führungskräften ausreichen. Sie können sie allenfalls ergänzen.
Denn sozialkommunikative Kompetenzentwicklung unterstützt die Begegnung mit anderen Menschen – viel zu oft übrigens ohne Erfolg!, sie begründet aber nicht normative Grundvorstellungen von richtigem und falschem Verhalten als Führungsperson und die Ausbildung eines tief verwurzelten Verantwortungsgefühls gegenüber dem Unternehmen, den Mitarbeitern und der Gesellschaft.
Die Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung im Rahmen der Managementqualifizierung wird wieder wichtiger werden. Die schwer beherrschbare Dynamik, Komplexität und Widersprüchlichkeit der Anforderungen gerade auch auf den oberen Führungsebenen erfordern dies.
*) Beispiele: Deutsche Post – Fall Zumwinkel / VW – Hartz Affäre / Telekom AG – Bespitzelung / Siemens AG – Bestechungsvorwürfe … es ist nicht wenig, was da aus renommierten Unternehmen in der jüngsten Vergangenheit in die Öffentlichkeit dringt.