12.07.2009 - Internationalisierung - Fragen zur Unternehmensidentität im mittelständischen Konzernunternehmen
Wie international soll das Unternehmen sein?
Wenn ein bislang eher national orientiertes Unternehmen sich anschickt, seine Aktivitäten grenzüberschreitend zu erweitern, steht das Management vor grundlegenden Fragen, die die Identität und die Kultur des Unternehmens verändern.
Dies gilt bereits, wenn auch sehr viel eingeschränkter, wenn erstmals Vertriebsaktivitäten international erfolgen. Viel gravierender ist dies, wenn das Unternehmen sich organisatorisch im Ausland niederlässt, sei es über Kooperationen oder gar über Gründung oder Kauf von im Ausland ansässigen Unternehmensteilen.
Wenn ein mittelständisches Unternehmen, das seit vielen Jahren erfolgreich eine eigenständige Offshore-Niederlassung auf dem indischen Subkontinent unterhält, Übernahme und Aufbau größerer Fertigungskapazitäten in China anstrebt, berührt dies die zukünftige Identität des Unternehmens.
Einige Fragen, die sich in solchen Situationen neben anderen wichtigen Herausforderungen stellen:
Soll Internationalität
- das Unternehmen umfassend kennzeichnen und systematisch alle Aktivitäten und Konzepte durchdringen oder reaktiv auf unbedingt Notwendiges begrenzt sein?
- Teil der zukünftigen Unternehmensverfassung und –identität sein, sich auch in der Besetzung der Schlüsselgremien des Unternehmens und gemeinsamer Strategiearbeit eines international zusammengesetzten Managementteams widerspiegeln oder soll sie eher ein randständiger und reise- und kommunikationstechnischer Aspekt der Unternehmenswirklichkeit sein?
- zur Integration der transnationalen Gesamtarchitektur des Unternehmens führen oder eher als Steuerung von nationalen Teilorganisationen von der Zentrale aus verstanden werden?
- sich zukünftig in der Unternehmenskultur widerspiegeln oder aber die vorhandene eher geozentristisch geprägte Kultur nicht weiter verändern?
- der Perspektive alle Entscheidungsprozesse des Managements dominieren oder nur fallbezogen Aufmerksamkeit erfahren?
- Mitsprache und Teilhabe der Manager der Landesgesellschaften auch ferner Kontinente an der Ausrichtung des Gesamtunternehmens bedeuten oder haben diese ausschließlich regionale / lokale Verantwortung?
- die Auswahl und Entwicklung von Führungskräften und Schlüsselpersonal konsequent prägen oder nur opportunistisch in Erwägung gezogen werden?
- sich in der Alltagskommunikation, im Schriftverkehr und in der Dokumentation verbindlich in einer gemeinsamen Sprache niederschlagen oder ist dies eine personen- und fallabhängige Angelegenheit?
Gleich wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen - das Unternehmen wird sich im Zuge der Internationalisierung verändern. Man kann dies als emergenten Prozess verstehen, der sich entlang anstehender Fragen aus dem betrieblichen Alltag entwickelt. Oder aber als intentionalen Akt, dem Unternehmen zielorientiert ein neues Gepräge zu geben, das den mit der Internationalsierung verbundenen Herausforderungen besser entspricht.
In der Praxis wirken wohl stets beide Faktoren. Ob man gleich am Selbstverständnis und der Kultur arbeiten sollte, ist fraglich. Denn zunächst müssen oft erst Erfahrungen mit der neuen, der internationalen Dimension gemacht werden, um überhaupt ein passendes auch mental ausgestaltetes Zukunftskonzept entwerfen zu können.
Auch ist mit der Option, auf einen emergenten Prozess zu setzen, nicht gemeint, die Dinge treiben zu lassen. Vielmehr sollten mögliche Problemfelder von vornherein identifiziert werden und entsprechende Mechanismen des Monitoring und der Intervention definiert werden.
Mindestens aber müssen bei beiden Ansätzen mit dem Schritt in die Internationalität Ziele und Prozesse verständigt, sollten Rollen und Verantwortlichkeiten sowie Machtverhältnisse und Entscheidungskompetenzen geklärt sein. Wichtig ist zudem, das Informations- und Kommunikationskonzept sowie Eskalationsmodi für Konfliktfälle zu definieren.
Auf Schnittstellen mit den internationalen Partnern gilt es besondere Aufmerksamkeit zu richten. Hier entstehen meist schnell Kooperationsbeziehungen, die gerade anfangs hoch sensibel sind. Nicht jeder gute Manager, der an so einer Schnittstelle sitzt, versteht sich auf virtuelle Führung im internationalen Kontext. In der Regel gilt ähnliches für virtuelle interkulturelle Teams, in die sich einige Mitarbeiter plötzlich eingebunden sehen.
Worum man daher keineswegs einen Bogen machen darf, sondern worauf man von Anfang an hohe Aufmerksamkeit richten muss(!), das ist die interkulturelle Sensibilisierung von Management und Mitarbeitern. Hier muss präventiv und darf keinesfalls reaktiv gedacht werden. Die vorbereitende Sensibilisierung und Kompetenzentwicklung ist unabdingbar.
Es sei der Hinweis erlaubt, dass diese Sensibilisierung ein sehr tief gehender Prozess ist. Wer glaubt, dies sei mit 2 Tagen interkulturellem Seminar getan, liegt falsch.
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