02.05.2014 -
Gender Diversity — sind gemischtgeschlechtliche Teams besser?
Zweifel durch Ergebnisse aus der Forschung
Diversity Management spielt in der Personalpolitik großer Unternehmen inzwischen eine durchaus bedeutsame Rolle, schon länger und stärker bereits in den USA als bei uns, wo das Thema erst in den letzten 10 Jahren Fahrt aufnimmt.
Diversity Management zielt auf Berücksichtigung und Förderung von Diversity als Faktor, der die Bedürfnisse wie auch Potentiale immer heterogener werdenden Belegschaften im Auge hat. Gender Diversity ist ein Teilaspekt des Ganzen, der v.a. Aspekte der Gleichstellung und Förderung von Frauen im betrieblichen Kontext verfolgt.
"Gemischtgeschlechtliche Teams sind nicht besser" schreibt die FAZ (FAZ Nr. 43, 20.2.2012) unter Berufung auf eine Studie*), wonach ökonomische Effekte von Gender Diversity kaum belegbar seien.
Dies enttäuscht zumindest eine der Erwartungen an Gender Diversity, denn: "Neben der Reaktion auf die politisch-normative Erwünschtheit beziehungsweise Notwendigkeit, dem Gleichstellungsgedanken Rechnung zu tragen, herrscht in vielen Organisationen die Überzeugung vor, dass Gender Diversity auch einen ökonomischen Erfolgsfaktor darstellt" — so die Autoren der Studie.
Dies sei jedoch durch die bestehende empirische Forschung in keiner Weise belegbar, was die Autoren zu der Aussage bringt: "Zusammenfassend erscheint es damit ausgesprochen problematisch, die Förderung von Gender Diversity primär ökonomisch zu legitimieren."
Zumindest führt Gender Diversity wohl nicht "automatisch" dazu, die Leistung eines Teams oder einer Organisation zu steigern. Dabei spielt u.a. wohl auch die Branche eine Rolle, in der sich die jeweilige Organisation befindet.
Positive Effekte sind demnach eher im Dienstleistungsbereich zu erwarten, wogegen die Autoren dies in technischen Funktionen nicht so einschätzen, wenn auch generell ein höherer Frauenanteil zu besseren Problemlösungsfähigkeiten und Entscheidungsprozessen in Arbeitsgruppen beizutragen scheint.
In der Praxis kann ich nur feststellen, dass sich Teams durchaus — wenn auch nicht immer! — positiv verändern, wenn der Frauenanteil steigt. Dies gilt nach meiner Erfahrung auch in technisch geprägten Organisationen, auch in Managementteams, mit denen ich arbeite.
Allerdings sollte man gelegentlich auch mit Hürden rechnen, wenn Frauen in eine ausgeprägte "Männerdomäne" einziehen — da ist dann Hinsehen gefragt und die Führungskraft gefordert. Und wenn in einer solchen Männerwelt die erste Frau, die einzieht, gleich der Boss ist? Why not?!
Doch auch wenn Kommunikation und Zusammenarbeit, Problemlösungsqualität und Entscheidungsfindung sich verbessern, wenn der Anteil an Frauen in Teams steigt, einen empirischen Beleg kenne ich nicht, der nachweist, dass die Teamleistung steigt. In den zahllosen Prozessen der Teamentwicklung auf allen Ebenen hatte ich zwar manchmal den Eindruck ... doch das ist gefühlte Realität.
*) Die Studie ist als PDF hier abrufbar (am 02.04.2018): Sabine Boerner/Hannah Keding/Hendrik Hüttermann, Gender Diversity und Organisationserfolg – Eine kritische Bestandsaufnahme, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, zfbf 64, Februar 2012, S. 37 ff.