24.03.2011 - Einführung von KVP und Folgen für die Prozesse
Muss man vor Einführung von KVP die Prozesse definieren — und um welche Prozess-Dimensionen geht es dann?
Bei Einführung von KVP entsteht gelegentlich die Frage, ob nicht erst die Prozesse definiert bzw. überarbeitet werden sollten. Hier gibt es keine eindeutige Antwort.
Grundsätzlich sind definierte Abläufe ein wichtiger Ausgangspunkt für die in KVP ja stets auch angelegte Prozessoptimierung. Weiter gefasst kann man sagen, ohne einen definierten Prozess als Standard auch keine Prozessoptimierung, mithin kein wirklich greifender KVP.
Denn ohne dies bleibt KVP begrenzt auf einige Verbesserungen am Arbeitsplatz des einzelnen Mitarbeiters — im günstigsten Fall können dabei allerdings durchaus Impulse zur erstmaligen Definition eines Prozesses, quasi "bottom-up", erfolgen.
In der Praxis geht es jedoch bei Einführung von KVP und der Frage, ob zunächst die Prozesse betrachtet werden sollten, um die Berücksichtigung zweier unterschiedlicher Prozessdimensionen. Beide sind gleichermaßen relevant.
1. Geschäftsprozesse
Werden die Geschäftsprozesse definiert und systematisch zu Ende dekliniert, also inklusive Kennzahlen und Prozess-Organisations-Diagramm, bietet sich eine hervorragende Ausgangssituation für daran anknüpfende KVP — Initiativen.
Will man KVP einführen, ist die Überlegung schon sinnvoll, ob man nicht vorgeschaltet die Geschäftsprozesse definieren oder überprüfen will. Allerdings bedeutet dies je nach betrieblicher Komplexität einiges an Aufwand, v.a. bei erstmaliger Definition von Prozessen.
Hat man die Geschäftsprozesse definiert, ist es meist naheliegend, dann zunächst mit einem Experten-KVP Ansatz die Umsetzung im betrieblichen Geschehen voranzutreiben und grundsätzliche Anpassungen z.B. im Fabrik-Layout oder Materiafluss etc. vorzunehmen.
Bis KVP dann — nach Definition der Geschäftsprozesse, eventueller Reorganisation oder auch nur Experten-KVP — die breite Masse der Mitarbeiter und alle Arbeitsgruppen erreicht, kann allerdings in einem größeren Betrieb leicht ein Jahr und mehr ins Land gehen.
2. Operative / betriebliche Prozesse
Direkt mit Mitarbeiter-KVP zu beginnen, ist zwar grundsätzlich möglich, aber nicht zu empfehlen. Vielmehr sollte man in einem Ansatz des Experten-KVP zunächst grundlegende Ungereimtheiten in den betrieblichen Abläufen sowie offensichtliche Verschwendung beseitigen, um schnell Wirkung zu erzielen und notwendige grundlegendere Veränderungen vollziehen.
Spricht man hier von Überarbeitung von Prozessen, sind stets operative bzw. betriebliche Abläufe gemeint — also nicht die Dimension des Geschäftsprozessmanagements, obwohl es hierzu natürlich einen engen Bezug gibt, sofern Geschäftsprozesse im Unternehmen definiert sind.
Gleichwohl kann man auch ohne Vorhandensein einer Geschäftsprozessbeschreibung die operativen Abläufe — und damit "Prozesse" — angehen. Und dies ist bei Einführung von KVP auch zu Beginn i.d.R. zu empfehlen: Experten-KVP der Einführung von Mitarbeiter-KVP vorzuschalten macht Sinn.
Andernfalls besteht Gefahr, dass die Mitarbeiter an Stellen optimieren, wo es nicht nötig wäre - weil z.B. ein im Experten-KVP identifizierter Ersatz einer Maschine Überlegungen zu deren Rüstzeitverbesserung überflüssig machen würde. Oder es entsteht Frustration, weil Ideen innerhalb eines ohnehin suboptimalen Gesamtsystems nicht umgesetzt werden können.
Andererseits mündet natürlich die Entscheidung, ob der KVP-Einführung nun eine Geschäftsprozess-Definition oder "nur" eine Überarbeitung betrieblicher Abläufe i.S. des Experten-KVP vorgeschaltet werden soll zu deutlichen Unterschieden im Aufwand. Im letzteren Fall liegt dieser grob überschlagen meist bei maximal der Hälfte.
Bei Einführung von KVP zeigt sich in der Vorbereitung immer wieder, dass in Diskussionen mit dem Management die begriffliche Differenzierung von Geschäfts- und operativen Prozessen geschärft werden muss. Nur so lassen sich richtige Entscheidungen treffen, die zum Unternehmen passen und die mit der Einführung von KVP gewünschte Zielsetzung und Wirkung einlösen.