25.08.2012 -
Die Projekt-Matrix-Organisation
Projekte allein machen noch keine Matrix
In der Beratung und bei Qualifizierungsprojekten zum Führen in der Matrixorganisation machen wir gelegentlich die Erfahrung, dass ein Unternehmen Seminare zur Matrixorganisation für Führungskräfte anbieten möchte, die genauere Prüfung mit uns dann jedoch ergibt, dass sich das Unternehmen in gar keiner Matrixorganisation befindet.
In mehreren Fällen ging die Unternehmensleitung davon aus, dass sie mit Einführung von projektartigen Strukturen nun eine Matrixorganisation geschaffen habe und das Management dazu qualifizieren müsse. In zwei Fällen aus der jüngeren Vergangenheit bezog man sich dabei auch auf unseren Beitrag "Einführung Teamorganisation in einer Projekt-Matrix-Organisation".
Nun haben Projekte in Unternehmen natürlich stets auch matrixartige Konsequenzen — der Projektleiter muss sich mit mehreren Hierarchen abstimmen, der Kommunikationsaufwand ist nicht unerheblich, es gibt einen Kampf um Ressourcen usw.
Das ist anspruchsvoll und wenn man sich entscheidet, verstärkt Aufgaben in Projekten abzuarbeiten, ist die Qualifizierung von Management und Schlüsselpersonal zur Führung im Projektmanagement sicher sinnvoll. Ähnliches gilt für Schlüsselpersonen, die in großen Organisationen komplexe Themen und Aufgaben vorantreiben sollen. Sie sollten die Grundlagen des Führens ohne Macht verstehen.
Dennoch gilt: Verstärkung der Projektarbeit schafft zwar matrixartige Mechanismen, macht aber noch keine Projekt-Matrixorganisation aus im Sinne der Unternehmensorganisation und -steuerung.
Kriterien für eine Projekt - Matrix - Organisation:
Was eine Projekt-Matrixorganisation — und sie ist nur eine von mehreren Matrixkonfigurationen — tatsächlich ausmacht, soll hier mit Kriterien unterlegt werden:
- Projekte sind die übliche Form im Leistungserstellungsprozess — ein Großprojekt macht noch keine Projekt-Matrix-Organisation, auch wenn es matrixnahe Verhaltensweisen erfordert
- Der Projektleiter hat dieselbe Autorität wie das Linienmanagement, er/sie ist bei Managementmeetings (Strategie / Budget / Entscheidungen) beteiligt — und zwar nicht in einer funktionalen Rolle z.B. als Abteilungsleiter, sondern in seiner Rolle als Projektleiter
- Der Projektleiter hat Businessverantwortung, es gibt ein Budget, die Ziele der Projekte sind aus der Geschäftsstrategie abgeleitet
- Projekte haben hohe Managementattention, werden regelmäßig in Schlüsselgremien verfolgt, das Projektreporting ist ins Berichtswesen integriert
- Die Projekte haben eine größere Dimension (zeitlich, organisatorisch, Budget)
- Projekten wird Personal fest zugeordnet, zumindest in den Schlüsselrollen, größere Projekte verfügen über eigenes Supportpersonal
- Für Projektmitarbeiter ist die feste Zuordnung ihrer Arbeitszeit in Projekte Alltag, oft zu 100%; sind sie nur anteilig in Projekte integriert, so ist das dafür verplante Zeitkontingent definiert
- Der Projektleiter hat Personalverantwortung, zumindest fachlich, und wirkt verbindlich mit bei der Leistungsbeurteilung und bei disziplinaren Themen wie Urlaubsgenehmigung, Weiterentwicklung, etc.
- Projekterfolge wirken sich auf die Vergütung und Bonifikation aus
Sind die o.g. Kriterien in wesentlichen Teilen nicht erfüllt, kann man nicht von einer Projekt-Matrix-Organisation sprechen. Man kann dies dann eher als Pseudo-Matrix bezeichnen, von der Marvin R. Weisbord schon 1978 sprach, wenn wesentliche Kriterien der Matrix nicht erfüllt waren.