29.05.2008 - Unternehmens- und Lernkultur: Lernen von Kollegen statt interner Konkurrenz
Die Lernkultur als wichtigen Teil der Unternehmenskultur entwickeln.
Teams lernen nicht voneinander
Es ist im Anschluss an Change Management Prozesse verblüffend zu sehen, dass an einigen Stellen im Unternehmen danach hervorragende Ergebnisse erzielt werden dagegen andere Abteilungen, die nicht im Changeprozess involviert waren, weiter vor sich hin wursteln.
Die eine Abteilung entwickelt sich permanent weiter, verbessert Abläufe und Zusammenarbeit kontinuierlich im besten Sinne des KVP. Wenn intern eine Stelle ausgeschrieben wird, bewerben sich gute Leute, wogegen in anderen Abteilungen die Ergebnisse leiden, die Zusammenarbeit schlecht ist, man sich schwer tut, gute Mitarbeiter zu gewinnen.
Dieses Nebeneinander von "gut" und "schlecht" verlangt nach aktiver Einflussnahme. Eine häufige Erfahrung ist jedoch, dass nichts passiert:
- Weder geht der eine Abteilungsleiter auf seinen Kollegen zu und fragt interessiert, wie der Kollege und seine Crew das alles anstellen, was ihn erfolgreich macht, ob er ihn denn bei einer Verbesserung der Abteilung unterstützen würde. Im Gegenteil, man kann erleben, dass selbst das Angebot des Erfolgreichen an einen Kollegen abgetan wird.
- Noch sorgt die übergeordnete Führung dafür, dass aus Erfolgsgeschichten gelernt wird. Ich habe erlebt, dass im Zuge des Change Management eines Betriebes mit grundlegender Neuausrichtung (Prozesse, Führung, Planungs- und Arbeitsmethodik, Standards etc.) die 3 benachbarten Betriebe noch Jahre hinter dem erfolgreich gewordenen Betrieb zurücklagen – weil trotz grundlegender Vergleichbarkeiten der Betriebe nichts von den Erfolgsmethoden übernommen wurde.
Gründe für Nichtlernen
Die Ignoranz des Erfolgs anderer hat Gründe, wobei ich den der Gleichgültigkeit nicht weiter betrachte, denn der gehört schlicht bestraft. Tatsächlich sind es wohl v.a. kulturelle Gründe:
Lernen und abgucken voneinander werden negativ bewertet – man will nicht zugeben und anerkennen, dass der andere eine bessere Lösung gefunden hat.
Abgrenzung – die Abteilung wird als besonders und nicht vergleichbar mit anderen gesehen. Man zieht einen mentalen Zaun und glaubt ernsthaft an die eigene heile Welt. Hinter diesem Käseglockensyndrom stecken tatsächlich jedoch Angst und Unsicherheit.
- Konkurrenzdenken – man fürchtet den offenen Dialog, weil Interesse zeigen als Schwäche gewertet werden könnte. Stattdessen hält man verkrampft an eigenen Lösungen fest, poliert sie selbst dann noch, wenn diese sich bereits als schlechter herausgestellt haben.
Detailorientierung und Konzentration aufs Tagesgeschäft – die übergeordnete Führung arbeitet im und nicht am System.
Kommunikationsblockaden – anstatt den Austausch untereinander über Ziele, Vorgehensweisen und Ergebnisse in einem offenen reflektierenden Dialog und damit Lernimpulse zu fördern, sind die Meetings des Managements auf Informationsweitergabe und Problemlösung konzentriert. Die Fähigkeit zu lernen ist in so einer Organisation sehr begrenzt.
Was kann man tun?
Ein umfassender Prozess der Weiterentwicklung und Reorganisation einer Abteilung muss als Lernchance auch bei den Managementkollegen genutzt werden. Dazu gehören regelmäßige Berichterstattung – auch über die Schwierigkeiten – sowie Resonanz und aktives Fragen der Kollegen bei Meetings des Führungskreises.
Erfolge sind zu transferieren, indem Führungskräfte der Nachbarabteilungen vor Ort - learn and see - gehen, sich das Geschehen bei den Kollegen ansehen und danach gemeinsam daran arbeiten, was sie für die eigene Praxis übernehmen können. Dies passiert in der Praxis viel zu wenig und wenn, dann manchmal mit abschätzigem Lächeln über die anderen versehen – "machen wir doch schon lange…, die glauben wohl jetzt, uns zeigen zu müssen, wie toll sie sind…" - anstatt ernsthaft interessiert einzusteigen.
Als Manager hinsehen. Welche meiner Abteilungen sind erfolgreich? Wie kann ich die anderen ermutigen, sich das anzusehen und daran zu arbeiten, gute Lösungen zu übernehmen oder an die eigene Situation anzupassen?
Anerkennung nicht nur für die Ergebnisse sondern auch für das Interesse und die offene Auseinandersetzung vermitteln.
- Systematisch an der Entwicklung der Lernkultur im Unternehmen / Bereich arbeiten. Die o.g. Barrieren müssen überwunden werden, will man auf die kraftvollen Chancen der Entwicklung eines Unternehmens von innen heraus setzen.