25.05.2021 -
Relevante Positionierung als PE-Abteilung — oder Untergang?
Irrelevanz fördert Obsoleszenz
In den vergangenen Jahren habe ich mehrfach beobachtet, wie große Personalentwicklungsbereiche verschwanden — atomisiert wurden sozusagen. Das hatte nach meiner Wahrnehmung mehrfache Gründe:
- kein strategisches Profil der Personalentwicklung angedockt an den Zukunftsentwurf des Unternehmens
- kein Businessbezug und mangelndes Verständnis für die Themen des Geschäfts
- überwiegend psychologisch determinierte Programmatik
- Produkte fast ausschließlich Standard aus der Sozialkompetenz-, Kommunikations- und Personal Growth Kiste, Teamentwicklung als "Wir wollen uns besser verstehen" mit wenig businessrelevanten Ansätzen
- hoher Anteil eigener Trainingsaktivitäten der Schlüsselakteure zu Lasten der managerialen Aufgaben
- kaum beraterische Aktivität mangels Nachfrage und Akzeptanz in der Rolle
- fehlende Integration ins HR-Business
- im Vergleich zu erfolgreichen PE-Abteilungen hohe Zahl von Mitarbeitern in der Personalentwicklung
Solche Modelle haben keine Zukunft mehr. In mehreren großen Unternehmen habe ich erlebt, dass diese PE-Abteilungen aufgelöst werden, dass praktisch kaum noch einer der zuvor in der Personalentwicklung beschäftigten Mitarbeiter dort heute noch tätig ist. Ein Ausweis der Wirkungslosigkeit und Überflüssigkeit dessen, was bislang dort getan wurde. Gut aufgestellte PE-Bereiche haben sich dagegen als Wertschöpfungspartner positioniert und werden als wichtiger Partner wahrgenommen. Wann man als PE-Abteilung gefährdet ist? Hier Beispiele aus der Praxis:
Durch Zufall habe ich in einem Unternehmen kürzlich erlebt, wie eine Runde von 4 externen sowie 4 internen Beratern 3 Führungskräften gegenübersaßen — um als Lenkungskreis den Changeprozess eines Bereichs mit 250 Mitarbeitern voranzubringen — gewürzt mit Psycholyrik. Ein kleiner Changeprozess und 8 Berater (weitere waren im Changeprozess für viele, viele Workshops vorgesehen, für Unterhaltung war also gesorgt!
Noch schlimmer habe ich dies in einem anderen Konzern mitbekommen — 25 Führungskräfte (direkt betroffene und aus Nachbarabteilungen) ergänzt um 2 Berater bildeten den Steuerkreis für ein Change(?)-Projekt einer Einheit mit grade mal 200 Mitarbeitern, getagt wurde vierwöchentlich für 3 — 4 Stunden, neben den zahlreichen "normalen" Change-Workshops! Schließlich müssen die Leute gut miteinander reden... Allerdings hatte man sich festgefahren und bat um eine Meta-Beratung, die den Schwerpunkt auf Handeln statt diskutieren verlegte und Bewegung erzeugte.
In einem anderen Unternehmen wurde ich gebeten für Obere Manager ein zweitägiges Seminar zur Strategieentwicklung durchzuführen. Nachdem wir uns über das Programm einig waren, wurde ich noch aufgefordert, "irgendwie" in den 2 Tagen des Seminars das Modell systemischer Strategieentwicklung "unterzubringen". Dazu wurden mir 3 Folien mit Darstellungen in schönstem Systemiker-Slang überreicht. Dies sei seit 2 Jahren die Basis für Strategiearbeit im Unternehmen. Meine Frage, wie oft man nach diesem Konzept bereits eine Strategie entwickelt habe, führte zu der gereizten Antwort "... ja, bisher eben noch nie". Auch diese Personalentwicklungsabteilung gibt es heute nicht mehr.