15.10.2015 - Matrixorganisation und virtuelle Teams
Führung in der Matrixorganisation und virtuelle Führung sind fast immer miteinander verbunden. Virtuelle Teams sind dabei nicht immer zwangsläufig komplex. Umso mehr bin ich dann aber beeindruckt von der Komplexität, die virtuell führende Manager heute in manchen Industrien (Automotive, Pharma, Chemie) zu meistern haben.
Das wurde grade wieder deutlich in Seminaren Virtuell Führen (Virtual Leadership) und Führen in der Matrixorganisation (Leading in a Complex Matrix Environment) in den USA. Mich beschäftigt dabei auch, mit welch unterschiedlicher Perspektive Manager an die Thematik herangehen.
Ich habe Botschaften und Beobachtungen aus Seminaren in Erinnerung wie
- virtuell führen ist nicht anders als normale Führung
- wir wären nicht erfolgreich, wenn wir da nicht gut drin wären — jede Führung ist eher intuitiv
- es ist nur eine Frage der Persönlichkeit auf der anderen Seite (eigene Verhaltensflexibilität als Anforderung für den Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen wurde abgestritten)
- "...das ist alles nicht neu, kennen wir alles" (ignorieren substantieller wissenschaftlicher Forschung, deren Erkenntnisse - obwohl praxisrelevant - keine Beachtung erfahren)
- die eigene Situation wird nur grob und ersichtlich unvollständig bildlich zum Ausdruck gebracht, "...Fragen zur Klärung habe ich keine..."
- "... Vertrauen (Anm.: als Schlüsselfaktor erfolgreicher virtueller Führung) ist keine Basis für virtuelle Führung — das ging schon mal schief, wir brauchen Kontrolle, am besten überall einen deutschen Manager vor Ort..."
- "... nach 2 Versuchen, sorry, das lohnt nicht, wenn man 2 mal Ablehnung erfährt ..." (keine Überlegung, wie das eigene Verhalten dazu beigetragen haben mag)
- abwertende Äußerungen über die Kompetenz von ausländischen Partnerorganisationen im Konzern (in Anwesenheit eines englischen Kollegen)
Aber es gibt eben auch das Gegenbild, immer wieder Erfahrungen positiver Art wie z.B. in einer international gemischten Gruppe in USA bestehend aus in virtuellen und Matrixorganisationen sehr erfahrenen Managern:
- tiefe Reflektion und Nachfragen zu den vermittelten Inhalten
- die eigene Situation wird in ihrer ganzen Komplexität in einem Bild differenziert zum Ausdruck gebracht, Fragen zur Klärung werden abgeleitet, das eigene Bild "... möchte ich für mein Team mitnehmen zur Diskussion..."
- Betonung, dass es (trotz aller Erfahrung) ein ständiger Lernprozess sei, der dauernde Sensibilisierung erfordere
- explizite Anerkennung der Kompetenz von (auch nicht anwesenden) Kollegen — auch von Partnern in Deutschland
- offene Ansprache von Fallen und Fehlern, die einem unterlaufen sind und was man daraus gelernt hat
- teilen von Erfahrungen bis hin zum Vorstellen eigener bewährter Tools und Templates vor Kollegen am Abend nach Seminarende
- offenes Zugeständnis der für einen persönlich mit den Themen verbundenen Herausforderungen und Bitte um Hinweise und Feedback von den Kollegen
Sicher erfordert die im zuletzt genannten Beispiel gezeigte Haltung eine gewisse persönliche Souveränität, Managementexpertise und Reife an Erfahrung.
Nicht vorenthalten will ich die Zusammenfassung eines erfahrenen US-Managers zur Matrixorganisation, wie sie sich in seinem Managementkontext erfolgreich bewährt:
- jede Matrixorganisation kann man strukturell transparent und einfach gestalten
- Rollen und Verantwortung müssen klar definiert bzw. verhandelt werden
- Kommunikationsmechanismen, Standards und Tools/Templates müssen sukzessive entwickelt und verbindlich implementiert werden
- die Kultur von Einbindung in Entscheidungsprozesse und Verbindlichkeit in der Umsetzung vereinbarter Lösungen und Vorgehensweisen ist eine Erfolgsvoraussetzung