03.09.2013 -
Kotter´s aktualisierter Change Management Ansatz: Die Kraft der zwei Systeme
Netzwerk als Parallelorganisation - Change Management beschleunigen
Kotter´s "Acht Schritte zum Veränderungserfolg" sind zentrale Bausteine seines Change Management Ansatzes, der inzwischen weithin bekannt ist. Nun hat er diese 8 Beschleuniger, wie er diese Schritte nennt, um einige entscheidende Punkte weiterentwickelt.
Ausgangspunkt dafür ist seine Erkenntnis, dass bisherige Change Management Methoden der dauerhaften Anforderung nach ständiger Veränderung nicht mehr gerecht werden. Er regt u.a. auch gleich eine Neudefinition des Strategiebegriffs an. Wurden Strategien früher alle paar Jahre geändert, sind heute permanente strategische Richtungsentscheide und deren Umsetzung erforderlich.
Traditionelle Hierarchien und Managementprozesse sind jedoch stark mit den täglichen Anforderungen an Steuerung und Effizienzsteigerung des Unternehmens beschäftigt. Sie sind dadurch kaum noch in der Lage, mit immer neuen Situationen Schritt zu halten und kreativ einzigartige Lösungen zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen zu erschaffen, die auch noch dauerhaft erfolgreich sein sollen.
Deshalb schlägt John P. Kotter in seinem Artikel "Die Kraft der zwei Systeme" eine neue Form für das Herangehen an Changeprozesse vor. Es wird hierfür ein zweites Betriebssystem benötigt, das, parallel zur alltäglichen Steuerung des Unternehmens durch die Hierarchie (das erste Betriebssystem), kreative Initiativen ergreift, Gefahren und Chancen im Markt erkennt und Veränderungen schnell umsetzen kann.
Das zweite Betriebssystem soll gleichrangig mit der Hierarchie sein und sich aus Freiwilligen aus allen Abteilungen zusammensetzen, die durch das Gefühl, an einer dringlichen Mission teilzuhaben, motiviert werden.
Dieses zweite Betriebssystem stellt Kotter sich mit agilen, netzwerkartigen Strukturen und gänzlich anderen Prozessen vor. Es soll gleichwohl ein legitimer Teil der Organisation sein und vom Management unterstützt und gutgeheißen werden, auch wenn die Entscheidungen und Initiativen vom Netzwerk selbst ausgehen. Wichtig ist dabei, dass auch Vertreter des Managements im Netzwerk vetreten sind.
Das Besondere an diesem parallel zur Hierarchie arbeitenden Strategienetzwerk ist, dass in der Hierarchie alle Macht bei Change-Prozessen in den Händen des Managements liegt, im Netzwerk die Individuen dagegen mit ihrem Enthusiasmus, ihrer Energie und ihrer Entschlossenheit beteiligt sind.
Was auch zur Schlussfolgerung führt, dass es im Netzwerk bei dessen Steuerung grade nicht um Management sondern um Führung gehen muss, die auch von den Beteiligten selbst ausgeht.
Um die Teilnehmenden zu motivieren, müssen ständig kleine oder große Erfolge zu erkennen sein, und diese sollen kommuniziert werden. Es ist von Bedeutung, dass die Ziele des Strategienetzwerks im Interesse der einzelnen Freiwilligen liegen und sie das schon erwähnte Gefühl haben, an einer Art großer Mission teilzuhaben.
Nach seiner Vorstellung geht es im parallel zur Hierarchie (= 1. Betriebssystem) arbeitenden 2. Betriebssystem um ein ständiges Suchen, Handeln, Lernen und Verändern, das die Organisation beweglich und dynamisch machen soll — Ergebnis soll eine gesteigerte "strategische Fitness" sein. An der mangelt es in der Tat manchmal in großen Unternehmen.
Dann verknüpft er das 2. Betriebssystem mit seinen aus der Acht-Schritte-Methode bekannten Erfolgsprinzipien. Die acht Schritte, die es zu durchlaufen gilt, sind:
- Gefühl der Dringlichkeit schaffen
- eine lenkende Koalition bilden
- die Vision für Wandel formen
- Kommunikation dieser Vision
- breite Beteiligung am Vorhaben sichern
- kurzfristige Vorteile und Erfolge schaffen
- nicht nachgeben
- die Veränderungen verankern
Wertvoll ist sein Gedanke der Netzwerkstruktur als Parallelarchitektur in einer Organisation, mit der man — auf Grundlage eines klugen Designs — tatsächlich Innovationskraft und Implementierungsleistung in Unternehmen steigern kann.
Allerdings ist die Implementierung eines solchen Konzepts eine große Herausforderung und muss systematisch angegangen werden — sonst scheitert man an den Beharrungskräften der etablierten Machtstrukturen.
nach: John P. Kotter, Die Kraft der zwei Systeme, HARVARD BUSINESS MANAGER, 12/ 2012