02.10.2007 -
Generation Frührentner - ATZ als Thema der Führung
Führungsfehler - ATZ als Synonym für Schnauze voll?
Da sitzen sie nun, die Workshop-Gruppe, Mitarbeiter eines Konzerns, Team- und Abteilungsleiter. Es soll zur Sache gehen, grundsätzliche Regelungen bereichsübergreifend sind zu treffen. Nicht alle kennen sich, daher eine Vorstellungsrunde zu Beginn.
Schon der erste macht deutlich, dass er nur noch x Monate bis zur Verrentung vor sich hat, weil er das Glück habe, noch rechtzeitig unterschrieben zu haben. Das Statement zündet, der nächste Mittfünfziger will sich nicht lumpen lassen — auch er sehe freudig der ATZ entgegen. 4 unter 13 Teilnehmern bringen es fertig, den impliziten Hinweis zu platzieren, dass mit ihnen ja eigentlich schon nicht mehr zu rechnen sei.
Wo bin ich denn hier gelandet, fährt es mir in die Glieder. Wenn so schon Führungskräfte denken, wie steht´s dann um die Basis?
Nun, der Workshop läuft trotz allem gut, es ist bei allen Engagement spürbar, und jedem sei schließlich die Freude auf einen für ihn schöneren Lebensabschnitt gegönnt. Und doch: Was für fürchterliche Statements!
Wie viel Frust mag damit verbunden sein? Wie viel als nutzlos empfundenes berufliches Handeln? Wie viel Gleichgültigkeit? Wie wenig Anspruch an die oder Erfüllung in der beruflichen Aufgabe. Oder frühzeitige Ermattung — aus Überforderung oder Bequemlichkeit? Oder gar eine aus beamtenhafter Mentalität heraus getroffene Berufswahl mit dem zwingenden Ausgang mangelnder Leidenschaft für die berufliche Aufgabe. Und was bringt jemand mit solcher Haltung dazu, Verantwortung für Führung zu übernehmen bzw. zu erhalten?
Es ist zum Glück nicht überall so, wie oben beschrieben. Leider aber auch nicht allzu selten. Und - was hat dies mit Führung bzw. schlechter Führung zu tun? Im o.g. Workshop hat keiner der beiden anwesenden Bereichsleiter auf die ATZ-Äußerungen reagiert. Darauf angesprochen äußerte einer, ihm sei das gar nicht weiter aufgefallen. Ein Führungsfehler, vermutlich nicht sein einziger.
Ach ja, wie anders es gehen kann. Die über 70(!)-jährige Professorin für Gesang in einem anderen Land hört auf, nachdem sie Generationen von Studenten unterrichtet hat und vielfach geehrt wurde. Ihr Beruf war ihr Leben. Früher aufhören, bei so viel Erfüllung und Leidenschaft? Für sie nicht vorstellbar.
Eine Gesprächspartnerin merkte an, angesprochen auf erkennbare Unterschiede auch im akademischen Leben zwischen hier und dort: Dort sei das (Lehr-)Personal wohl noch getrieben von echtem Interesse am eigenen Fach und Leidenschaft für die eigene Disziplin. Nun denn!
Und hier: Welche Leidenschaft treibt uns? Wie viel Leidenschaftslosigkeit akzeptieren wir in der beruflichen Aufgabe? Führung heißt auch mitzubekommen, wenn die Konzentration von Mitarbeitern sich auf den Ruhestand richtet - und zu reagieren. Vor allem aber auch, sich zu fragen, welche Führungsfehler dazu beitragen!