19.07.2007 - Führungsthema Motivation - mit Geld? Das Thema leistungsorientierte Vergütung
Korrumpieren finanzielle Anreize? Geht Motivation mit Geld überhaupt - und ist das dann Führung?
Intrinsische Motivation, der von innen kommende Antrieb, sich für etwas zu engagieren, ist ein hoch geschätztes Merkmal im Verhalten von Mitarbeitern. Unternehmen setzen auf solche intrinsisch motivierten Mitarbeiter, denn diese Form der Motivation steht für hohen persönlichen Einsatz und unermüdliche Leistungsbereitschaft.
Doch sie ist an einige wichtige Voraussetzungen gebunden, sonst schwindet sie oder entsteht gar nicht erst.
Ein paar Bedingungen für Engagement nennt Chrys Argyris in seinem Artikel "Empowerment — nur eine Illusion?"1). So führt er aus, dass inneres Engagement daran gebunden ist, dass der Einzelne seine Aufgabe selbst bestimmt, ebenso wie das Verhalten, das zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Leistungsziele seien nicht zu diktieren sondern zwischen Management und Mitarbeitern gemeinsam festzulegen.
Generell gilt, dass die intrinsische Motivation abhängt davon, in welchem Ausmaß die innere Identifikation mit einer Aufgabe an sich gegeben ist, die als reizvoll, bedeutsam auch für andere (die Gemeinschaft) und der eigenen Selbstverwirklichung dienend erlebt wird.
Dr. Marion Sommermoser weist nun in der Zeitschrift "Personalführung"2) darauf hin, dass zusätzliche finanzielle Vergütung eine korrumpierende Wirkung auf instrinsische Motivation ausübt.
Sie verweist auf den "Over-Justification-Effect" aus der Psychologie, der auftritt, wenn jemand, der eine für ihn sehr attraktive und reizvolle Tätigkeit ausübt, dafür zusätzlich Geld erhält. Dies mindere nicht nur die Motivation sondern zusätzlich die Attraktivität der Aufgabe - vor allem, wenn die Belohnung sogar erwartet wurde.
In unserer Zeit des Bemühens um leistungsabhängige Vergütungssyteme mag man da nachdenklich werden. Jeffrey Pfeffer, renommierter Organisations- und Führungsexperte, hat in seinem Artikel "Sechs gefährliche Legenden über Arbeitsentgelte"3) schon vor Jahren auf Fehlentwicklungen im Zuge exzessiver Monetarisierung von Leistungsverhalten hingewiesen.
Er behauptet gar, dass individuelle Vergütungsanreize die Leistung sowohl des Einzelnen wie der ganzen Organisation untergrüben. Und er führt Beispiele äußerst erfolgreicher Unternehmen an, die auf leistungsbezogene Vergütung verzichten. "Natürlich arbeiten Menschen für Geld - aber noch weit mehr für einen Sinn in ihrem Leben", führt er an. In ähnlicher Weise problematisiert Sprenger in seinem Bestseller "Mythos Motivation" die Thematik.
Es lohnt sich womöglich - auch angesichts manch gut laufender Unternehmen mit hoch motivierter Belegschaft ohne variable Vergütung - die ganze Sache mit der leistungsorientierten Vergütung einmal aus dieser anderen Warte zu betrachten.
Vielleicht kommt man dann darauf, dass es nicht das Geld ist, was zu wahrer Leistung stimuliert sondern die Qualität der Führung und die Kultur des Arbeitslebens im Unternehmen. Oder um mit Jeffrey Pfeffer zu sprechen:
"Es ist für Manager einfacher, am Vergütungssystem herumzubasteln statt die Kultur des Unternehmens zu verändern."
1) Chrys Argyris, Empowerment — nur eine Illusion?, Harvard Business Manager 6/1998, S 9 ff.
2) Marion Sommermoser, Geld regiert die Welt - und ist doch nicht alles, Zeitschrift Personalführung 07/2006, S. 42-463) Jeffrey Pfeffer, Sechs gefährliche Legenden über Arbeitsentgelte, Harvard Business Manager 6/1998, S 41 ff.
Anmerkung:
Nun, ca. 2 Jahre nach Entstehen dieses Beitrags, machen ganz andere Erfahrungen die Runde. Die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse, wo trotz teilweise anstrengender Vollzeitbeschäftigung das Einkommen nicht mehr ausreicht, den Lebensunterhalt zu bestreiten, nimmt erschreckend zu.
Die Finanzkrise verstärkt diesen Effekt, manches Unternehmen nutzt das als Trittbrettfahrer. Die o.g. Ausführungen gehen davon aus, dass Arbeit angemessen vergütet wird. Nur wenn dies der Fall ist, hat ein Unternehmen überhaupt ein Anrecht, von seinen Mitarbeitern dafür eine angemessene Gegenleistung zu erwarten.
Andererseits unterliegt die Frage, was angemessen ist, stets auch bei der Vergütung den Gesetzen des Marktes - was in Hochlohnländern als Folge der Globalisierung vielfach auch schmerzlich sichtbar wird.
Und aus meiner Arbeit mit Führungskräften an der Basis in Unternehmen mit gering qualifizierten Arbeitnehmern weiß ich, wie schwer sich diese Führungskräfte manchmal tun - wenn die Vergütung ihrer Mitarbeiter nicht passt. "Da kann ich noch so gut führen, wenn das Management die Leute nicht anständig entlohnt, bin ich täglich am Kämpfen - und verstehe die Leute sogar."