24.04.2014 - Familienunternehmen ticken anders - Überlegungen zu Change Management
Dies gilt es insbesondere bei tief greifenden Veränderungsprozessen vor Augen zu haben. Die Unternehmenskultur ist spezifisch anders geprägt, als in Konzernen.
Aus unserer Zusammenarbeit mit Familienunternehmen unterschiedlichster Größe (von 60 bis über 10 000 Mitarbeitern) in Change Management Projekten zeigt sich, daß bei der Gestaltung von Entwicklungs- und Veränderungsprozessen ein paar sehr spezifische Faktoren als Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
Dies beginnt bei der Berücksichtigung der Eigentümerinteressen im strategischen Kontext und findet seine Fortführung bei der Ausgestaltung des Vorgehens in Change- und Umsetzungsprozessen wie bei der Einbindung von Personen aus dem Unternehmen.
Neben der Berücksichtigung spezieller Interessenlagen bezüglich der Eigentümerfamilie treten gelegentlich besondere persönliche Bindungen von Inhabern zu einzelnen langjährigen Weggefährten aus dem Unternehmen in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Mit diesen persönlichen Bindungen gilt es wertschätzend und sensibel umzugehen. Das Loyalitätsgefüge ist vielfach wechselseitig tief verwurzelt. Manche Entscheidung von erheblicher Tragweite ist nur vor diesem Hintergrund zu verstehen. Manager, die aus Konzernen in Familienunternehmen wechseln, tun sich gelegentlich sehr schwer, diese eigentümliche Entscheidungslogik zu akzeptieren, die jenseits des rationalen Kalküls die Realität des Alltags prägt.
Das Zusammenspiel zwischen Eignern und externer Geschäftsführung ist ebenfalls ein wichtiger Achtungspunkt. Mehr als in Publikumsgesellschaften spielen persönliche Interessen der Eigentümer in Entscheidungen der Geschäftsführung hinein – selbst wenn die Eigner dort nicht präsent sind. Die damit verbundenen eigenen Entscheidungsdynamiken muß man als Manager wie Berater verstehen und akzeptieren, will man zu tragfähigen Lösungen mit Chance auf Umsetzung gelangen.
Besonderes Augenmerk verdient der Wechsel der Eigentumsverhältnisse. Insbesondere dann, wenn die Eigentümerfamilie ihr Unternehmen an eine Kapitalgesellschaft veräußert. Dies bedeutet in der Folge meist einen fundamentalen Wandel für das Managementsystem des bisher durch den Eigentümer geprägten Unternehmens. Schon die Vorstellung, dass Mitarbeiter in Workshops an Lösungen mitarbeiten, kann manchmal zum Lernthema werden.
Gelegentlich findet man die Auffassung, die bisherige Managementcrew sei nicht dafür geeignet, einen solchen Übergang in einen völlig anderen Managementkontext erfolgreich zu bewältigen. Sie sei natürlicherweise in jeder Hinsicht zu sehr auf die bisherige Konstruktion fixiert.
Diese Meinung teile ich nicht – und meine Erfahrungen sprechen dagegen. Ich halte es auch für riskant, auf die Erfahrungen dieser Manager einfach zu verzichten. Wir haben dagegen mehrfach erlebt, wie Managementteams diesen "Switch" zum Wohle ihres Unternehmens sehr erfolgreich bewältigt haben.
Dieser Wandel und die damit verbundenen neuen Anforderungen an die Akteure in Managementpositionen erfordern jedoch regelmäßig ein spezifisches Lernarrangement, mit dem dieser "Kulturbruch" – und darauf läuft es tendenziell hinaus – verarbeitet werden kann.
Externe Begleitung ist dabei angeraten. Denn es ist ein Weg, der vielfach durch tief gehende Irritation und Verunsicherung gezeichnet ist, der harte Arbeit an sich selbst, Zwang zum Umlernen, Schweiß und Tränen bedeutet. Aber am Ende für alle lohnt!